Anzeichen
Wenn sich ein Mitarbeiter plötzlich anders Verhält als gewohnt, kommt irgendwann der Verdacht auf, dass Alkohol im Spiel ist. Dies trifft die Arbeitgeber meist völlig unvorbereitet und stellt ein ernst zu nehmendes Problem dar. Antworten auf alle wichtigen Fragen zu diesem Thema finden Sie im Folgenden.
Gesetzliche Bestimmungen am Arbeitsplatz
Im Bürgerlichen Gesetzbuch ( § 611 ff. BGB) 2 sind die gesetzlichen Pflichten geregelt. Über den Alkoholkonsum eines Arbeitnehmers während der Arbeitszeit, wird daran jedoch keine konkrete Verordnung genannt. In Deutschland gibt es Grundsätzlich kein allgemein, gesetzlich geregeltes Verbot für den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz oder in der Mittagspause.3
Es lässt sich jedoch eine gesetzliche Vorgabe daraus ableiten. Nach § 611 stellt ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung. Ein Verstoß gegen das Gesetz liegt also vor, wenn im Falle von Alkohol am Arbeitsplatz zu einer Beeinträchtigung dieser Arbeitskraft kommt.
Arbeitsschutzgesetz und Unfallverhütung
Sollte das ausüben der Tätigkeit den Ablauf im Betrieb gefährden, ist der Arbeitgeber durch die Unfallverhütungsvorschriften dazu verpflichtet dem Mitarbeiter die Ausübung zu verbieten.
Das Unternehmen muss sicherstellen, dass Arbeitnehmer körperlich und geistig alle Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und der Sicherheitswarnung einhalten können (§ 7 GUV-V A1).4 Ist ein Mitarbeiter nicht mehr in der Lage seine Arbeit ohne Gefahr durchzuführen, darf ein Arbeitgeber diesen nicht mehr beschäftigen.
In der Regel sind diese beiden Fälle mit Alkohol am Arbeitsplatz nicht zu vereinbaren.
Nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber verstoßen bei übertriebenem Alkoholkonsum gegen das Arbeitsschutzgesetz. Nach § 15 GUV-V1 5 ist ihm verboten, sich in einen Zustand zu versetzen, durch welchen er sich selbst oder andere gefährdet. Straf-, arbeits- und zivilrechtliche Konsequenzen können durch alkoholbedingte Unfälle auf den Arbeitnehmer zu kommen. Diese betreffen den Versicherungsschutz, die Haftung oder die Lohnzahlung.
Durchführung von Alkoholkontrollen
Stellt ein Mitarbeiter ein Sicherheitsrisiko dar, muss dieser umgehend vom Arbeitsplatz entfernt werden. Jedoch stellt sich hierbei die Frage, wann ein Arbeitgeber eingreifen muss.
In erster Linie ist dies von der Gefahrensituation abhängig.
Bei geringstem Verdacht auf Alkoholisierung darf ein Mitarbeiter an einem gefahrenträchtigen Arbeitsplatz wie beispielweise ein Busfahrer oder ein Maschinenführer kontrolliert werden. Bei der Kontrolle darf der Arbeitgeber fordern, dass der Arbeiter ihn anhaucht, damit dieser prüfen kann, ob ein Alkoholgeruch im Atem festzustellen ist. Außerdem muss der Arbeitnehmer auf Wunsch typische Kontrollübungen wie das gerade Laufen durchführen. Ein Blut- oder Atemtest ist jedoch nicht erlaubt, da diese gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit stoßen.
Betroffene Mitarbeiter von der Arbeit ausschließen
Werden bei einem Mitarbeiter durch die äußere Wahrnehmung Alkohol festgestellt, muss der Arbeitgeber seiner Führungspflicht nachkommen und den Arbeiter von der Arbeit ausschließen. Arbeitgeber können bei leichtem Konsum den Arbeiter dazu aufzufordern das Betriebsgelände zu verlassen und müssen sich hierbei nicht auf Diskussionen einlassen, da sie die Verantwortung tragen. Bei einem stark alkoholisierten Mitarbeiter reicht es allerdings nicht, diesen bis zur Grundstücksgrenze zu begleiten. Durch die Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer sicher nach Hause kommt. Dieser Fürsorgepflicht kommt man nach, indem man selbst oder einer der Mitarbeiter die betroffene Person nach Hause fährt oder man einen beaufsichtigten Ort zum Ausnüchtern im Unternehmen bereitstellt.
Ereignisse dokumentieren
Um im Nachgang alles genauer nachvollziehen zu können, sollte man alle Vorkommnisse während des Rauschzustandes schriftlich notieren sowie mögliche Hinweise und Beweise sichern. Das Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter sollte unter vertraulichen Zeugen geführt werden, denen das Vorgehen erläutert wird.
Lohnauszahlung für Ausfallzeit
Der Arbeitgeber muss das Gehalt für die Ausfallzeit in der Regel nicht bezahlen, wenn ein Arbeitnehmer durch übermäßigen Alkoholkonsum nicht in der Lage ist, der vereinbarten Arbeit nachzukommen. Allerdings ist dies nur der Fall, wenn der Mitarbeiter seinen Zustand selbst zu verschulden hat, indem er beispielsweise betrunken an den Arbeitsplatz kommt oder während der Arbeitszeit trinkt. In der Zeit, in welcher die Arbeitsleistung nicht erbracht werden konnte, darf das Gehalt einbehalten werden.
Der Lohn muss dem Arbeitnehmer in der Regel ausbezahlt werden, wenn dieser durch Restalkohol am Folgetag nicht in der Lage ist seine Arbeit durchzuführen, da man im Normalfall keine Möglichkeit hat ihm Selbstverschulden nachzuweisen.
Der krankhafte Alkoholmissbrauch bildet jedoch eine Ausnahme von dieser Regel. Grundsätzlich haben alkoholkranke Mitarbeiter ein Recht auf Lohnfortzahlung.
Abmahnung und Kündigung
Arbeitgeber haben die Möglichkeit in Ruhe weitere Schritte einzuleiten, wenn die Gefahrensituation durch den alkoholisierten Arbeitnehmer abgewendet wurde. Denkbar wären hierbei eine Abmahnung, eine ordentliche oder in Extremfällen auch eine fristlose Kündigung.
Eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist nach wiederholtem Alkoholkonsum möglich. Wenn der Mitarbeiter erstmals gegen die Betriebsvereinbarungen oder die Pflichten nach § 611 BGB verstoßen hat, ist es notwendig eine Abmahnung vor der Kündigung auszusprechen. Ist der Mitarbeiter nicht als alkoholkrank eingestuft, besteht nach erneuten Verstößen die Möglichkeit zu einer ordentlichen Kündigung.
Der Arbeitgeber kann eine fristlose Kündigung aussprechen, wenn eine erhebliche Gefährdung durch Alkohol am Arbeitsplatz vorlag. In einigen Fällen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung vom Gericht bestätigt wird, falls der Mitarbeiter Kündigungsschutzklage einreichen sollte. Beispiele hierfür sind ein Arzt, der während dem Dienst trinkt, ein Berufskraftfahrer, der betrunken hinter dem Lenker sitzt oder ein Maschinenführer, der einen Unfall verursacht.
Kündigung und Lohnauszahlung
Der alkoholkranke Mitarbeiter ist als Sonderfall zu betrachten. Durch ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2015 hat ein alkoholkranker Arbeitnehmer keine Schuld an seinem Alkoholkonsum (10 AZR 99/14) 6. Deshalb muss dem Mitarbeiter in den ersten sechs Wochen seiner Ausfallzeit weiterhin Lohn gezahlt werden. Dasselbe gilt auch, wenn ein Mitarbeiter nach einer Entziehungskur erneut rückfällig wird. Einem Alkoholiker darf man nicht verhaltensbedingt und somit fristlos kündigen. Allerdings ist eine personenbedingte ordentliche Kündigung ist jedoch möglich.
Der Arbeitgeber muss die Möglichkeit einer Therapie gewähren, sollte sich der Mitarbeiter dazu bereit erklären.
Personenbedingte Kündigung unter folgenden Voraussetzungen:
- negative Auswirkung auf den Betrieb durch Alkoholkonsum
- Einstufung als Alkoholkrank
- Arbeitnehmer verweigert die Teilnahme an einer Therapie
Prävention im Unternehmen
Mittels Präventionsmaßnahmen können Arbeitgeber dem Alkoholmissbrauch vorbeugen.
Im folgenden finden Sie einfache Schritte, welche ohne großen Aufwand durchgeführt werden können und schnell eine große Wirkung zeigen:
- damit Führungskräfte bei Bedarf schnell und angemessen reagieren können, sollten diese an Fortbildungen teilnehmen
- durch Gratis Obst oder Sportangebote eine gesunde Unternehmensstruktur schaffen
- anti-alkoholische Getränke kostenlos zur Verfügung stellen und bei Firmenfesten nicht- alkoholische Getränke Alternativen anbieten
- auf die Gefahr von Alkohol am Arbeitsplatz hinweisen
- über fehlenden Versicherungsschutz unter Alkoholeinfluss unterrichten
- bei entsprechender Betriebsgröße Suchtberater im Unternehmen einsetzen
- Arbeitsbelastungen verbessern
- Thema Alkohol offen ansprechen und nicht tabuisieren, dennoch im Einzelfall diskret bleiben
Betriebliche Suchthilfe für Betroffene
Statt Vorwürfe zu machen, sollte man dem Betroffenen helfend zur Seite stehen. Ein erster Schritt kann sein, das Thema Alkohol am Arbeitsplatz mit dem Arbeiter zu besprechen. Hierbei sollte man Diskretion versprechen und Hilfe anbieten. Die Vermittlung an einen vertrauenswürdigen Arzt oder eine Therapiegruppe kann hierbei schon die erste Hilfe sein.
Zudem ist es wichtig, dem Betroffenen Zeit zugestehen, um seine Krankheit zu behandeln.
In großen Unternehmen bietet es sich an, eigene Gesprächsgruppen einzurichten, damit Betroffene sich gegenseitig helfen können. Kehrt ein ehemals alkoholkranker Mitarbeiter zurück in das Unternehmen, sollte man die Wiedereingliederung nach § 74 SGB V 7 ermöglichen, damit dieser schnellstmöglich in den Arbeitsalltag zurückkehren kann. Um den Mitarbeiter vor einem Rückfall zu schütze, sollte man im Vorfeld Änderungen am Arbeitsplatz vornehmen, wie zum Beispiel die Senkung der Arbeitsbelastung.
1: https://www.firma.de/unternehmensfuehrung/alkohol-am-arbeitsplatz-was-tun-als-arbeitgeber/
2: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__611.html
3: https://www.massvoll-geniessen.de/gesellschaft/alkoholverbot-am-arbeitsplatz-mittagspause
4: https://portal-barrierefreiheit.de/wp-content/uploads/2011/11/guv-v_a1.pdf
5: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/2909
6: https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/10-azr-99-14/
7: https://dejure.org/gesetze/SGB_V/74.html